Vor einiger Zeit haben wir im Rhinorosengarten zusammen eine Artischocken-Tinktur hergestellt. Viele Pflanzen, die in unseren Gärten als Kulturpflanzen wachsen oder sogar als Unkraut gedeihen, haben neben ihrer Qualität als Nahrungsmittel auch Heilwirkungen, die oft unterschätzt werden. So können viele Beschwerden mit einfachsten Mitteln aus unserer Umgebung auch ohne grosses Budget behandelt werden.
Die Artischocke ist deshalb interessant, weil sie sehr viele Bitterstoffe enthält, welche der Pflanze als Frassschutz dienen. Für die Tinktur werden nicht wie in der Küche die Blüten verwendet, sondern die Blätter der Blattrosette.
Mit Bitterstoffen können eine grosse Bandreite an Beschwerden behandelt werden:
Bitterstoffe
wirken indirekt durch Reflexe. Sie sollen bei der Einname die
Geschmacksnerven Bitterstoffe schmecken, wird die Leber zur erhöhten
Gallensaft-Produktion angeregt. Also sollte die Tinktur eine Weile im
Mund behalten und nicht gesüsst werden, damit sie ihre Wirkung entfalten
kann. Bitterstoffzubereitungen gegen Appetitlosigkeit sollten ½
Stunde vor dem essen Eingenommen werden. Sollen die Bitterstoffe aber
bei Verdauungsstörungen helfen, sollten sei ½ Stunde nach dem Essen
eingenommen werden. Es sollten nicht über längere Zeit (3-5 Wochen)
dieselben Bitterstoffmischungen eingenommen werden, da die Wirkung
nachlässt, wenn man sich daran Gewöhnt. Die Dosierung ist sehr
individuell. Generell sind eher kleine Dosen appetitanregend. Zu grosse
Dosen können die Verdauungstätigkeit verlangsamen.
Herstellung der Tinktur
Utensilien
• Schneidbrett
• Behälter, z.B. Konfitüregläser
• gutes Messer
• Starker Alkohol
• (optional: Mörser)
Artischockenblätter Pflücken

Von der Pflanze werden nur die schönsten Blätter von der Rosette gesammelt. Das beste Stadium ist das Erste Jahr nach dem Keimen, wenn sich erst die Rosette gebildet hat und die Artischocke noch keine Blüten entwickelt. Der Beste Sammelzeitpunkt ist an einem Sonnigen Tag, an dem schon ein bis zwei Tage mit trockenem, sonnigen Wetter vorausgegangen sind. Die Blätter sollten erst gesammelt werden, wenn keine Tautropfen mehr darauf sind, also nicht zu früh am Morgen.
Tinkturzubereitung

Die Frisch gepfückten Blätter werden klein gehackt, in ein Glas abgefüllt und mit Alkohol übergossen, dass alle Pflanzenteile bedeckt sind.
Die angesetzte Tinktur sollte nun ca. 20 ‒ 30 Tage ziehen und täglich umgerührt oder geschüttelt werden. Wenn das zwischendruch ein paar Tage nicht möglich ist macht das nichts.
Auch wenn die angesetzte Tinktur vergessen geht und sie länger zieht nimmt sie keinen Schaden. Das wichtigste ist, dass sie nicht direktem Sonnenlicht ausgesetzt ist, weil dieses Inhaltsstoffe zerstören würde: Die Tinktur sollte an einem trockenen, warmen, dunklen Ort ziehen.

Nach dem ziehen wird die Tinktur abgegossen. Durch ein feines Sieb, ein Tuch odere einen Kaffeefilter können die Pflanzenrückstände weggefiltert werden. Die Tinktur ist nun Fertig und kann in kleine Tropf- oder Pipettenfläschlein abgefüllt werden, am besten aus Braunglas zu verwenden um die Tinktur vor Licht zu schützen.
Alkohol
Der optimale Alkoholgehalt unterscheidet sich je nach Wirkstoff, den man Ausziehen möchte. Da die Bitterstoffe sehr gut in Wasser löslich sind, verwenden wir hier einen eher geringen Alkohol gehalt von 40-50%, das kann ein ganz normaler Vodka sein. Oft werden eher geruchsneutrale Schnäpse verwendet. Noch besser wäre ein Schnaps in Bioqualität.
Behälter
Praktisch sind Behälter mit grossen Öffnungen. Am besten eignen sich sogenannte «Schliffkopf-Gläser» deren Glasdeckel keine Plastikbestandteile aufweisen. Bei Konfitüregläsern kann es sein, dass der Alkohol Bestandteile der Gummidichtung löst. Wenn aber die Tinktur nicht geschüttelt sondern umgerührt wird und den Deckel nicht berührt, können auch Konfitüregläser verwendet werden.
Mörser
Sehr hochwertige Tinkturen können mithilfe eines Mörsers hergestellt
werden. Die Frischen Pflanzenteile werden im Mörser mit Alkohol
übergossen und zu einem Brei verarbeitet. Dieser Brei wird ebenfalls in
einem Glas ziehen gelassen, sollte auch täglich bewegt werden, kann aber
schon nach 10 ‒ 14 Tagen abesiebt, bzw. in einem Tuch ausgepresst
werden.
Auf diese Weise hergestellte Tinkturen können bis zu zwei Drittel niedriger dosiert werden.